Eine Legende: Astrid Varnay ist Elektra

Varnay_Elektra_1949

 

Eine Legende: Astrid Varnay debütiert als Elektra 1949

 

Wahrhaft legendär: Die Zusammenkunft von Dimitri Mitropoulus und Astrid Varnay in der Elektra von 1949 in New York! Die damals 31jährige Astrid Varnay erschuf singenderweise (im Gegensatz zu mancher heutiger geschrieenen Version) eine geradezu vollkommene Durchdringung der Partie in einer unglaublich spannenden und atemlos zu bezeichnenden Aufführung (in einer Version mit Pause, was seltsam anmutet und dennoch zu keinem Spannungsabbau führt)! Unterstützt und geführt von Dimitri Mitropoulus erreicht Frau Varnay Ausdruckstiefen, die für ein Rollendebüt in einem solch komplexen Charakter eigentlich undenkbar scheinen. Die späteren Versionen ihrer Interpretation haben hier und da unterschiedliche Akzente und dringen noch tiefer in den Charakter, doch basieren sie alle auf der hier zu erlebenden Geburt einer überragenden und für mich unerreichten Darstellung einer der komplexen Figuren der Sopranliteratur! Noch dazu ohne die später auftretenden Verhärtungen der Stimme in der Höhe (die man aber auch mögen kann und der Stimme Tragfähigkeit sichern), mit exemplarischer Textverständlichkeit und souveräner Stimmführung: Langer Atem, sehr gute Tiefe und Mittellage, sieghafte Höhe, wunderbare dynamische Abstufungen und ein lebendiges Legato in der Erkennungsszene. Grandios! Die Klytemnestra der Elena Nicolaidi ist eine Darstellung auf ähnlichem Niveau, die Figur erhält ein Gesicht und man erlebt eine spannende Zusammenkunft von Mutter und Tochter (trotz Strich am Ende der Szene). Souverän auch der Aegisth des Frederick Jagel, solch einen genau singenden Tenor hört man in dieser Rolle selten. Enttäuschend hingegen die Chrysothemis von Irene Jessner: Der notwendige Jubel in der Stimme, und hier vor allem in der Höhe, bleibt ihr geradezu im Halse stecken und macht somit einige zentrale Höhepunkte zu einem eher zweifelhaften Vergnügen. Wie sehr sehnt man sich nach Leonie Rysanek, die die idealen Voraussetzungen gerade für diese Partie mitbrachte…(dazu muß man allerdings zu einer Rundfunkaufnahme des WDR von 1953 greifen, wieder mit Varnay und Hans Hotter, eine wunderbare Ergänzung). Herbert Janssen ist ein guter Orest, der allerdings ein wenig in die Jahre gekommen ist und das einst reichlich vorhandene Samt in der Stimme vermissen lassen muß. Alles in allem ist aber das Zusammenwirken von Astrid Varnay und Mitropoulos ein solches Elementarereignis, dass die genannten leichten Schwächen nicht ins Gewicht fallen und schon gar nicht die Wucht der Aufführung erschüttern könnten!
Prall gefüllt ist die zweite CD mit Raritäten (Oberon, Hérodiade) von Astrid Varnay unter Begleitung ihres Gatten Hermann Weigert aus den frühen 1950er Jahren. Musikalisch überzeugend, wenn auch nicht immer optimal zu ihrer Stimme passend. Ein dramatischer Sopran im Vollbesitz seiner stimmlichen Möglichkeiten. Rauschgefahr…

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